War´s Glück, Können oder Dummheit der anderen….?
Expeditionsbericht „ 1.Damen – Feldsaison 2012/2013 2.Bundesliga-Süd“
……Herbst 2012 – Expedition Teil 1 (Hinrunde):
Nachdem uns nach der Feldrunde 2011/2012 mehrere Spielerinnen mit langjähriger Erfahrung für diese Saison nicht mehr zur Verfügung standen gingen die 1.Damen mit einer neuen Besetzung ans Werk. Ziel: Klassenerhalt 2.Bundesliga.
Die erste Teilstrecke im vergangenen Herbst verlief überraschend positiv. Das neue Team hat sich schnell gefunden und bewiesen, dass die Abgänge gut kompensiert werden konnten.
>Das Ergebnis Teil 1: Platz 4 mit 10 Punkten.
……Frühjahr 2013 – Vorbereitung Expedition Teil 2:
Alle waren gewarnt, so stieg Frankenthal doch in der Saison zuvor mit 13 Punkten als Tabellenzweiter zur Winterpause (12 Punkte) trotzdem noch ab. Zudem war klar, dass es dieses Jahr mindestens 2 Absteiger geben würde, evtl. sogar 3. Schätzungsweise würde man also 16 oder 17 Punkte brauchen, um sicher in der Liga zu bleiben. Im vergangenen Jahr ist man mit 13 Punkten als Vorletzter gerade nicht abgestiegen.
Vorbereitungsdetails:
Kader:
Wie schon gewohnt ging man mit einer wieder veränderten „Expeditionstruppe“ ans Werk. Mit Sigh mussten wir auf unsere Expeditionsanführerin „Abwehr“ verzichten; sie übt sich im Bereich der Nachwuchsarbeit. Weiter konnte das Team auch nicht auf eine in der Hinrunde sehr stabil spielende „Valli“ aus beruflichen Gründen zurückgreifen. Die Zugänge aus der eigenen Jugend hielten sich zudem mit Lisa Sollermann und Feli Komarek in Grenzen. Glücklicherweise stand uns unsere „Durazell-Claudi“ im Mittelfeld nach Hallenpause noch einmal zur Verfügung. Dazu schlossen sich ein paar „Neue“ (Leonie Stöhr, Louisa Schermuly, Nicola Kolossa, Lisa Ramuschkat) an. Die Hiobsbotschaft dann zu Beginn der Vorbereitung: Die einzigste Nationalspielerin im Verein, Leonie Hoffmann, zog sich bei einer Länderspielreise einen Kreuzbandriss zu, und konnte somit die ganze Rückrunde nicht den Kasten sauber halten. Auf solch einer Position eine überdurchnittliche, bundesligataugliche Kraft zu verlieren, schmerzt.
Trainingsarbeit:
Um die Ziele erreichen zu können war klar, dass man die Trainingsarbeit speziell in der Vorbereitung intensivieren musste. Mittlerweile trainieren in der 2.BL alle Clubs mindestens 3x wöchentlich. Erschwerend kommt dazu, dass 5 Mannschaften aus der 2.BL-Süd im Winter in der 1.Bundesliga spielen und somit das ganze Jahr voll trainieren, gefordert und gefördert werden. Weitere 2 Teams spielen 2.Liga in der Halle. Beim HCW leisten sich rund die Hälfte eine mehrmonatige Auszeit – ein für die Zukunft zu verändernder Zustand.
Die Rechnung mit dem gesteigerten Trainingsvolumen ist leider nicht aufgegangen, denn die Trainingsbeteiligung war in Summe dadurch nicht besser. Dazu kam das Wetter und zahlreiche Verletzungen – vielleicht auch der Tatsache geschuldet, dass der Körper sich an Belastung gewöhnen muss und nicht gleich von 0 auf 80 gehen kann!
Umfeld:
Nachdem Cordi noch im Herbst vergangenen Jahres dankenswerterweise als Platzhalter für Betreuung/Co-Trainer….eingesprungen ist, konnte sie gesundheitsbedingt heuer leider nicht in diesem Umfang zur Verfügung stehen. Auf diesem Niveau ist es aber unerlässlich eine zweite fachkundige Person auf dem Trainingsplatz zu haben. Es wird immer positions-/gruppenspezifischer gearbeitet, was ein Übungsleiter allein leider nicht 100% schafft. Zudem ist eine Person auch bei Vorbereitungsturnieren überfordert – Spielvorbereitung, Video, Pfeifen, Nachbesprechung, Vorbereitung……..
Zuletzt ist eine Vollzeitbetreuung gerade im sensiblen Damenbereich sehr wichtig – der Trainer ist oft der „bad-cob“! Eine verständnisvolle Betreuerin kann den Gegenpart bilden, vermitteln, in die Mannschaft rein hören und frühzeitig etwaig entstehende Probleme , Fragestellungen und Strömungen aufnehmen.
Die Spieltagbetreuung hat auf alle Fälle geklappt – hier nochmals eine „Dankeschön“ an Lioba, Cordi und Barbara.
Fazit zur Vorbereitung: schlecht!!
……April 2013 – Beginn der Expedition Teil 2:
Am 13.04 begann dann schließlich die Rückrunde nach einer aus Trainersicht schlechten Vorbereitung.
Etappe 1:
Zuerst stand ein Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt auf dem Programm, kein geringerer Gegner als der Tabellenerste.
Voller Elan machte man die ersten Schritte und konnte sogar in Führung gehen. Am Ende stand allerdings ein ernüchterndes 1:4 zu Buche. Ein Spiel mit vielen guten Ansätzen – leider blieb es auch dabei.
Etappe 2+3:
Es folgten 2 Spiele in Berlin gegen den zweiten und dritten der Tabelle.
An diesem Wochenende war aufgrund von Leo´s Verletzung das erste Mal unser „Nachwuchstorwarttalent“ Patty dabei. Sie wurde vom Trainer angesprochen ob sie in dieser schwierigen Situation nicht aushelfen könne, da man mit Lena nur noch eine Torfrau hat, diese zudem noch nicht sehr viel Felderfahrung einbringen kann.
Alleine die Anreise mit dem Kleinbus am Spieltag (es sind ja nur 600km) zeigte dann keine 2.Ligatauglichkeit. Genauso schlecht verlief dann auch das Spiel gegen die Wespen. Wir hatten zu keiner Zeit den Hauch einer Chance. Zwar wurde man in der Woche davor durch Video über das Pressing und Tempo des Gegners in Kenntnis gesetzt, alleine geholfen hat es wenig. Ein 0:4 war absolut gerechtfertigt!
Ähnlich wie im ersten Spiel gegen Frankfurt konnte man am Sonntag gegen den SCC eine gute erste Halbzeit spielen, ging aber leider mit 0:1 durch ein „blödes Eckentor“ in die Pause. Danach schaffte man es in Halbzeit 2 nicht den Spieß umzudrehen und es stand nach weiteren individuellen Fehlern und einer mangelnden Chancenverwertung am Ende 1:5. Ein frustrierendes Berlinwochenende!
Für ÜL Ralf bedeutete dies: nächtelanges Videostudium, Videoschneiden, analysieren, konnte man diese Rückrunde doch erstmalig auf Initiative der Trainer der 2.Liga auf alle Spiele videotechnisch zugreifen.
Wie bereits vom Trainer zum Ende der Vorbereitung an die Expeditionsteilnehmer weitergegeben sollten nun die Königsetappen folgen.
Etappe 4:
Den Auftakt machte ein Auswärtsspiel beim Tabellenletzten in Stuttgart. Nach dem intensiven Videostudium und anschließender Übung sollte hier erstmals eine Art „offensive Raumdeckung“ eingesetzt werden, um so den Gastgeber richtig zu pressen. Die Mannschaft zeigte sich bestens vorbereitet, hatte die richtige Einstellung und siegte verdient mit 4:2. Die ersten 3 Punkte der Rückrunde waren da!
Etappe 5:
Im nächsten Heimspiel warteten nun die Frankfurterinnen von Frankfurt 80 als Tabellennachbarn auf uns. Sollten wir hier gewinnen, könnte man einen großen Schritt in Richtung Klassenerhalt machen. Auch hier hatte man sich wieder eine eigene Taktik zurecht gelegt, den Gegner studiert. Dabei wurde in den Videoanalysen vom Trainer jeder Stein gefühlt 5 x umgedreht auf der Suche nach den nötigen Puzzlesteinen. Am Anfang schien es aufzugehen, Frankfurt kam die ersten 8 Minuten nicht aus der eigenen Hälfte. Leider brachte sozusagen der erste Konter die erste Ecke und leider auch das 0:1; zwar hatten wir die Ecke noch vor dem Spiel angesprochen, das Tor hätte so eigentlich nicht fallen dürfen, aber das eine ist die Theorie und das andere „das auf dem Platz“!
In der Folge spielte man zwar in Halbzeit 1 weiter mit, das Mittelfeldgeplänkel war ausgeglichen, doch in den 2 Torvierteln waren wir einfach schlechter wie unser Gegner. Die Folge waren noch 2 weitere Gegentore in der ersten Halbzeit.
Was in der 2 Halbzeit passierte war einfach nur bitter – man ergab sich, die taktische Disziplin fehlte, man ließ das Spiel einfach über sich ergehen. 0:5 das Endergebnis!
Zwischenetappe:
Am darauffolgenden Dienstag gab es dann vor dem Training eine vom Trainer einberufene Besprechung. Hier sollte mal „tacheles“ geredet werden.
Auszug verschiedener Aussagen:
– wir wollen „Alle“
– das Team versteht sich so gut wie noch nie – positiver denken!
– zu brav, mädchenhaft
– Kopfsache
Der Trainer wollte dies etwas anders sehen:
– Wollen ist nicht gleich wollen
– auf dem Platz müssen auch mal die Fetzen fliegen
– besondere Situation bedeutet „mehr von Allem“
Am Ende der Besprechung wurde vom Trainer die Rückrundentabelle als Spiegelbild des momentanen Leistungsstandes eröffnet und dem Team folgendes mit auf den Weg gegeben:
Der HCW stand mit bislang nur 3 Punkten und einem miserablen Torverhältnis auf dem vorletzten Platz der Rückrundentabelle, und würde damit absteigen. Damit waren wir zu diesem Zeitpunkt entsprechend der in jüngster Vergangenheit gezeigten Leistungen der Absteiger Nummer 2. Wenn sich also nichts ändert, würden wir absteigen, und es wäre absolut gerechtfertigt.
Alleine die Hinrundenergebnisse verfälschten noch die Tabelle, denn man stand immer auf Platz 5.
Etappe 6:
Die Vorbereitung auf den vorletzten Spieltag stand zunächst ganz im Zeichen sich auf die eigenen Stärken und Schwächen zu konzentrieren. Erst bei der Spielbesprechung vor der Partie gegen den bayerischen Nachbarn von der HGN wurde per Video der Gegner, deren Taktik, Stärken, Schwächen und Ecken mittels Videoschnitten detailliert besprochen. Mit dem vom „Architekten“ Ralf ausgearbeiteten Schlachtplan ging man gut vorbereitet, sehr selbstbewusst und engagiert in diese vorentscheidende Abstiegspartie. In einem kämpferisch geprägten, ausgeglichenen Spiel hatten zunächst die Gäste durch eine Ecke die Chance in Führung zu gehen. In der Folge konnten wir eine „100%ige“ nicht im Tor unterbringen.
Die erste Ecke für uns brachte dann auch die Führung für uns – der Eckenplan konnte anders als in der Partie zuvor gegen Frankfurt ,genau so umgesetzt werden wie geplant, und Claudi machte „das Ding“! Die viele Arbeit Videoanalyse sollte sich dieses Mal lohnen! Denn auch die 2.Ecke für uns wurde erfolgreich abgeschlossen. Unser Fischkopf-Neuzugang „Länzi“ versenkte eine weitere schöne Eckenvariante mit einem sehenswerten Stecher zum 2:0.
Mit einem Anschlusstor in der 2.Halbzeit hätte das Spiel sicher auch nochmal kippen können, doch dieses Mal stand gerade auch die oft gescholtene Defensive um unsere „Peitsche“ Steffi, Leo und die den Altersschnitt geringfügig nach oben hievende „Patty“ sicher.
Es waren aber nicht nur diese Aktionen, nein die ganze Mannschaft war an diesem Tag bereit mehr zu tun, wir hatten den unbedingten Willen hier zu gewinnen.
Spätestens mit dem 3:0 war der Drops gelutscht. Am Ende gewann man 4:1 gegen die HGN – ein Ergebnis mit dem so sicher niemand gerechnet hatte. Nachdem Leipzig an diesem Tag gegen Stuttgart punktete war klar, dass die HGN den 2.Abstiegsplatz belegen würde.
Aber wir wollten natürlich mehr, schließlich können je nach Abschluss der 1.Bundesliga ja sogar 3 Mannschaften absteigen. Also stand nach dem üblichen „Auslaufen“ nach dem HGN-Spiel noch ein gemeinsames Essen und eine Videobesprechung als Vorbereitung auf unseren letzten Gegner Leipzig auf dem Programm.
Schlussetappe:
Leipzig war vor diesem Spiel gerade mal 2 Punkte hinter uns. Das Duell versprach sehr spannend zu werden, zumal die Leipziger Mannschaft eine bärenstarke Rückrunde spielen konnte. In einem typischen Abstiegsspiel waren es wir, die den ersten Nadelstich setzen konnten und mit 1:0 in Führung gingen. Es folgte das 2:0 durch eine „Eckenkranate“ von Steffi. Leipzig erhöhte Druck und Tempo und erspielte sich in der Folge ein Übergewicht. Dann fand eine der vielen Ecken für Leipzig den Weg ins Tor zum 1:2. Der Druck wurde nicht weniger, aber wir konnten dieses Ergebnis in die Halbzeit retten. Nach der Halbzeit folgte dann die vielleicht schwierigste Situation für uns – nach einer Flanke verhängte der Schiri einen 7-Meter für Leipzig + eine grüne Karte gegen unsere Torfrau. Es wurde hektisch:
– Trainer Ralf wollte seine Schützlinge während der Spielunterbrechung zu einer kurzen Besprechung zusammenrufen was ihm vom Schiri zu unrecht untersagt wurde.
– Patty hatte 3 Minuten Zeit um ihre Schienen Steffi zu geben, welche sich für den 7- Meter und die nächsten 2 Minuten ins Tor stellen würde
– Nach dem 7-Meter und dem 2:2 Ausgleich musste die Betreuerin Cordi schon wieder der noch im Tor stehenden Steffi die Schienen abnehmen, damit Patty sich wieder ankleiden konnte und nach absitzen der Strafe ins Tor gehen konnte.
Außer dem Ausgleich hatte diese Herausstellung keine weiteren Konsequenzen – Zeit um kurz durch zu schnaufen.
Danach war das Spiel ein offener Schlagabtausch, es wurde um jeden Ball gefightet, und plötzlich stand es 3:2 für uns. Sollte Hörti den entscheidenden Treffer gesetzt haben? Die Antwort der Leipziger folgte – alles nach vorn! Es wurde immer hektischer – grüne und gelbe Karten folgten, es gab zahlreiche Chancen und Ecken für die Gäste. Doch es sollte kein Tor mehr fallen.
Dann die Erlösung – Schlusspfiff, man hatte das Expeditionsziel Klassenerhalt nach einigen Tiefen erreicht – alle jubelten, umarmten sich und waren extrem glücklich und froh über ein drittes Jahr in der 2.Bundesliga in der kommenden Spielrunde.
Dieser tolle Abschluss der Saison mit einem 6-Punkte-Wochenende brachte uns am Ende mit 19 Punkten in der Abschlusstabelle sogar noch auf Platz 4!
Vielen Dank an dieser Stelle für eine tolle Unterstützung bei den 2 entscheidenden Spielen !
Ein bisschen gefeiert wurde danach natürlich auch noch.
Jetzt reicht´s zunächst mal-Pause, abschalten, regenerieren, Wunden lecken, neue Kraft schöpfen und überlegen was als nächstes kommt. Das Abenteuer 2.Bundesliga ist nicht nur spannend, sondern auch sehr nervenaufreibend und kräfteraubend gewesen. Es gab Schatten und Lichtblicke und man sieht sich immer wieder neuen Herausforderungen konfrontiert. Wie die nächste Saison aussieht wird sich zeigen.
Zeit aber auch, danke zu sagen, allen die an der „wahnsinnigen“ Expedition 2.BL beteiligt waren und sind, angefangen von Vorstand über Hockeyleitung, Zuschauer bis hin zum Staff und jeder Spielerin.
Bleibt am Ende die Frage: „war´s Glück, Können oder Dummheit der anderen?“
Vielleicht ein bisschen von Allem!!
Geschrieben vom (Ü)-Leiter der Expedition