Tennis – den Iceman zieht es zurück in den Norden

„Also ich habe da einen Kumpel, der würde gerne wieder mit Tennis anfangen. Der ist echt total nett, aber ein wenig unzuverlässig. Manchmal taucht der einfach Monate lang unter“. Mit diesen Worten schlug uns Christoph Gödde damals seinen alten Bekannten Hani Kilech als neues Mannschaftsmitglied vor. Das war im Frühjahr 2017; mein langjähriges Engagement beim legendären TF Gernlinden war mit der Vereinsauflösung gerade jäh zu Ende gegangen und ich hatte naheliegend beschlossen, meine Karriere beim HC Wacker fortzusetzen. Ranfti hatte mich zum Kapitän ernannt, von meiner neuen Mannschaft kannte ich exakt niemanden und ich dachte bei diesen Worten: „Na das kann ja heiter werden“.

Wie ich in der Folgezeit gelernt habe, ist Christoph ein lustiger Zeitgenosse, aber man darf immer nur die Hälfte glauben von dem, was er so von sich gibt. Das kommt auch in diesem Fall hin, denn Hani ist in der Tat einer der nettesten Menschen, die ich je kennen lernen durfte, aber von Unzuverlässigkeit konnte ich in den Jahren auch nicht nur eine Spur entdecken.

So stand er dann auch gleich beim ersten Punktspiel der Saison 2017 auf dem Platz und sorgte nicht nur für die ersten Siege, sondern zementierte auch gleich seinen neuen Spitznamen. Der Saisonrückblick stellt sein Debut wie folgt vor:

Auch Hani „Iceman“ Kilech präsentierte gleich seine herausragende Fähigkeit. Mit einem Trainingsrückstand von gefühlt 8 Jahren wechselte er zwar teilweise innerhalb eines Ballwechsels mehrfach zwischen Genie und Wahnsinn, am Ende gewann er den Match-Tiebreak jedoch nervenstark mit 10:8, wobei er sich noch den Luxus erlaubte, um des lieben Frieden Willens jeden Ball seines Gegenübers als „gut“ zu geben, solange er zumindest innerhalb des umzäunten Areals einschlug.

Hanis Spielstil ist dabei eine Mischung aus Dustin Brown und dem Verhalten meiner Tochter. Über Dustin Brown sagte Raphael Nadal einmal, er habe im gesamten Match keine zwei gleichen Schläge benutzt; es sei unmöglich gewesen, in einen Rhythmus zu kommen. Marie hingegen wurde von ihrer Kindergärtnerin damals attestiert, ausgesprochen sensibel gegenüber den anderen Kindern zu sein. Sie sei nämlich mit chirurgischer Präzision dazu in der Lage zu erkennen, was die anderen Kinder am wenigsten leiden können und das setze sie dann gezielt ein, um sie zu ärgern. An solch charakterliche Entgleisungen ist bei Hani selbstverständlich nicht zu denken, aber auf dem Platz erkennt er exakt, womit der Gegner am wenigsten klar kommt und das spielt er dann mit chirurgischer Präzision.

Alleine 2017 kam Hani bei weiteren 4 Spieltagen zum Einsatz. In seinen Insgesamt vier Einzeln kam er auf vier Siege, zwei davon im Match-Tiebreak (zum oben erwähnten 10:8 gesellte sich noch ein souveränes 11:9).

Das Jahr 2018 begann mit je einem Sieg und einer Niederlage in Einzel und Doppel, wobei an das Doppel gegen Mühldorf nochmal kurz erinnert werden muss (den krönenden wie passenden Abschluss fand Hani beim Matchball zum 6:4 7:6 durch einen Überkopf-Rückhandwinner außen am Netzmann vorbei; frenetisch gefeiert durch den ausgewechselten 6er von Mühldorf: „Das war MEIN Gegner!“) bevor er dann durch eine üble Verletzung das frühzeitige Saisonaus erlitt. Er hatte sich Daumen / Handgelenk gebrochen. BEIM MÜLL RAUSBRINGEN!

Der Wiedereinstig zog sich bis März 2019, wo er selbstverständlich mit einem Sieg sein Comeback feierte. In der Sommersaison folgten weitere 3 Einzel und 3 Doppel mit einer sensationellen Ausbeute von 5 Siegen.

Die Saison 2020 sollte dann aber das dunkelste Kapitel seiner HC Wacker Laufbahn werden. Während meiner Planungsphase studierte ich die bisherigen Rückmeldungen des Teams. Ich sah einige Zusagen, sowie diverse Absagen und einige wenige Menschen komplett ohne –sagen. Auf meine vorsichtige Nachfrage, ob er evtl. gedenke irgendein Saisonspiel bestreiten zu wollen kam zurück, dass er mich jetzt doch irgendwie informieren wolle, demnächst nach Paderborn zu ziehen; bzw. irgendein Kaff bei Paderborn. Den exakten Chatverlauf kann ich nicht mehr wiedergeben, da ich Ihn auf Anraten meines Psychologen zur Traumabewältigung gelöscht habe.
Die Immobilienpreise treiben ihn zurück in die alte Heimat. Weg von München; weg vom HC Wacker; weg von uns. Ein Drama; oder eher eine mittelschwere Katastrophe.

Da passt es nur zur gut ins Bild, dass selbst aus seiner Abschiedstournee nichts wurde. Kurz vor Saisonstart zog er sich – diesmal wenigstens im Training – eine „Knochenquetschung“ zu, was meiner Meinung nach eine Diagnose ist, die rein für Privatpatienten erfunden wurde. Er beendet sein Kapitel bei Wacker also nach ca. 3 Jahren mit einer Statistik von 11:2 Einzelsiegen sowie 11:4 Doppelerfolgen.

Ich habe kürzlich mit Ranfti über einen gegnerischen Tennisspieler gesprochen. Seine Einschätzung war: „Ein Riesen Arschloch! Und ich kennen niemanden in gesamt Tennisbayern, der darüber eine andere Meinung hätte“. Hani Kilech ist das exakte Gegenteil. Er ist ein derart sympathischer Mensch, dass es mir schwerfällt zu glauben, dass es eine einzige Person auf diesem Planeten geben könnte, die Hani nicht leiden kann. Es wird ihm also – ärgerlicher Weise – sehr leicht fallen, in Bad Lippenkiefergaumenspalte, oder wie auch immer das Dorf heißt, in das er zieht, neue Freunde und Bekanntschaften zu finden, so er nicht sowie schon längst welche dort hat; Kurzum: Der Abschied wird ihm leichter fallen als uns, wie schon Marcos Worte es auf den Punkt bringen: „Hani, ich mag dich sehr. Aber ich kann mich einfach nicht für dich freuen; ich bin einfach nur deprimiert“.

Das Team wird auch in Zukunft immer noch sehr lustig und ab und zu auch ein wenig erfolgreich sein, nur leider eben ein bisschen weniger lustig und erfolgreich, dafür noch unseriöser. Ich möchte daher mit Davids Worten schließen: „Wie schade. Der einzig erwachsen wirkende Mensch verlässt die Mannschaft.“

Wir wünschen Dir natürlich trotzdem von Herzen alles Gute und hoffen, dass du ab und zu mal reinschaust, wenn du in München bist.

Schammes